Geboren am 28.3.1924 im Wiener Prater
Gestorben am 18.5.2017 in Brisbane, Queensland, Australien

Hedwig Helene Anna, genannt Hedy war die Tochter von Helene Pichler, geb. Kobelkoff und Johannes Pichler, genannt Hans. Ihr Bruder Alexander war bereits neun Jahre alt, als sie zur Welt kam.

Hedys Großvater war der berühmte Rumpfmensch Nikolai Kobelkoff. In seinem Haus hinter der Manège Parisienne und dem Toboggan auf Prater 117 (heute 68) wuchs sie auf, denn Hedys Mutter Helene betreute ihren schwer behinderten Vater.

Am 12.2.1932 änderte sich Hedys Leben. Mit nur acht Jahren war sie plötzlich Halbwaise. Ihre Mutter Helene starb unerwartet mit nur 45 Jahren.

Die Pflege des Großvaters wurde von Hedys Onkel Edi und dessen Frau übernommen. Das Haus wurde aufgeteilt. Vater Hans und Bruder Alexander behielten ihre Schlafzimmer, sowie auch die Küche und das Zimmer der Aushilfe, Frau Lechner.

Hedy lebte fortan im Haus ihres Onkels Otto und dessen Familie, nur einige Straßen weiter, ebenfalls im Prater. Als Hans Pichler im Jahr 1936  die 26-jährgie Erika Horvath heiratete zog Hedy mit Vater und Stiefmutter in die Wohnung über dem Elektrodrom auf Prater 31(heute 102 und 103). Diesen Betrieb hatte ihr Vater gemeinsam mit Carl Schaaf erbaut.

Hedy besuchte die Volksschule und danach das Gymnasium. Da die Geschäft im Prater schlecht gingen und das Schulgeld zu hoch war, musste Hedy das Gymnasium nach vier Jahren verlassen. Ihr Vater konnte die benötigte Summe nicht aufbringen. Einige Zeit blieb sie zu Hause und half der Stiefmutter bei der Hausarbeit, bis Onkel Edi die Kosten für eine Ausbildung an einer Wirtschaftsschule übernahm.

Der Zweite Weltkrieg begann, jeder musste arbeiten, denn sonst gab es keine Lebensmittelkarten, um sich Nahrungsmittel kaufen zu können. Hedy begann im Büro der Firma Alpine Montana zu arbeiten, die Kohle- und Eisenmienen in Österreich besaßen.

Mit der Genehmigung ihres Vaters wurde Hedy mit 18 Jahren vom Gericht für großjährig erklärt. Sie kehrte in ihr früheres zu Hause auf Prater 117 (heute 68) zurück. Bruder Alexander war an der Front und musste irgendwo in Polen kämpfen.

Hedys Hoffnung bestand darin, nach dem Krieg auf Reisen zu gehen. Jeden Tag nach der Arbeit traf sie sich mit ihrer Freundin Angela, um gemeinsam Unterrichtsstunden in Akrobatik und Tanzen zu nehmen und um hart zu trainieren. Beide Mädchen hofften darauf, in einem Varieté unterzukommen, Auftreten zu können um Geld zu verdienen. Das einzige Vergnügen, das sich die beiden gönnten war gelegentlich ins Kino zu gehen, oder im Sommer an einem Sonntag an der alten Donau schwimmen zu gehen. Manchmal gab es einen Opernbesuch, jedoch nur am Stehplatz auf der vierten Galerie.

Gegen Ende des Krieges lernte Hedy den bei der Wien-Film GmbH als Beleuchter beschäftigten Nicolaas de Jonge kennen und lieben. Er stammte aus Holland. 1946 heiratete das junge Paar.

Der Prater war in den letzten Kriegstagen den Flammen zum Opfer gefallen, jegliche Existenz war zerstört worden und ein Wiederaufbau schien unvorstellbar. So machten sie sich auf den Weg in Nicolaas Heimat, um dort neu zu beginnen.  1947 kam Tochter Elisabeth Charlotte, genannt Liz, in Brüssel zur Welt. Von dort aus ging es dann nach Holland zu Nicolaas Familie.  Sohn Dennis Alexander wurde 1950 geboren.

Die junge Familie entschloss sich, nach Australien auszuwandern. Sohn Nicholas Raymond, genannt Nick, erblickte das Licht der Welt bereits in der neuen Heimat, nämlich 1952.  Das jüngste Kind, Sohn Terence Aubrey, genannt Terry, wurde im Jahr 1960 in Brisbane geboren.

Während Nicolaas viele Jahre als Elektriker arbeitete kümmerte sich Hedy um die Kinder und den Haushalt. Im Jahr 1962 erhielt Nicolaas auf Grund seiner damaligen Erfahrung bei der Wien-Film GmbH ein großartiges Angebot beim australischen Fernsehen. So konnte im Laufe der Jahre der Traum nach einem eigenen Haus wahr werden. Dieses wurde nach eigenen Entwürfen nahe einem Wald erbaut.

Als Ehemann Nicolaas 1978 starb, waren die Kinder schon erwachsen. Hedy beschloss, sich weiterzubilden. Sie besuchte die Universität, studierte Geisteswissenschaften und schloss ihr Studium mit einem BA, Bachelor of Arts, ab.

Das letzte Mal besuchte Hedy Wien und den Prater im Jahr 2006. Gemeinsam mit Tochter Liz, blieb sie ca. sechs Wochen in der Heimat und verbrachte und verbrachte viel Zeit mit der Familie, vor allem mit Großkusine Liselotte Lang und deren Kindern. Viele Familienmitglieder lernten sich erstmalig  kennen, eine Beziehung entwickelte sich jedoch mit Liselottes Tochter Silvia. Im Jahr 2009 gab es ein Wiedersehen in Australien.

v.l.n.r.: Großcousin Alexander, Großcousine Silvia und Hedy de Jonge, 2010
v.l.n.r.: Großcousin Alexander, Großcousine Silvia und Hedy de Jonge, 2010

Im hohen Alter von 90 Jahren war es Hedy nicht mehr möglich, in ihrem geliebten Haus alleine zu leben und so zog sie in ein betreutes Wohnen.

Am 18.5.2017 schloss Hedy für immer die Augen. Die Hälfte ihrer Asche wurde im Wald in der Nähe ihres Hauses verstreut, die andere Hälfte sollte in die Heimat zurückkehren, um in der Familiengruft der Familie Kobelkoff beigesetzt zu werden. Hedys letzter Wunsch wurde am 3.9.2019 erfüllt.

Hedy de Jonges Erinnerungen