Carl Schaaf

Geboren am 21.7.1859 in Bad Harzburg, Niedersachsen, Deutschland
Gestorben am 8.8.1935 in Wien

Friedrich Carl Schaaf, genannt Carl, wurde als Sohn von Hermine Schaaf, geb. Schubert, und August Schaaf auf der Reise geboren, ebenso sein jüngerer Bruder Leopold (1867-1898). Kurz nachdem sich die Schaustellerfamilie 1866 im Prater niedergelassen hatte, musste der kleine Bub bereits zur Schule. Evangelisch getauft, besuchte er wie viele seiner Nachkommen die evangelische Schule am Karlsplatz. Im Alter von 10 Jahren verlor er seine Mutter.

Ein Jahr später kam Stiefmutter Auguste Wilfert ins Haus, geheiratet wurde am 8.5.1871. Vier Kinder stammten aus dieser Ehe. Max (1871-1932), Sophie (1877-1964), Richard (1882-1949) und Hermine (1884-1971).

1874 kam er zu einem Schlosser in die Lehre, wechselte jedoch bald in eine Buchbinderei. Sein Ziel war natürlich Schausteller im Prater zu werden. Zuerst begab er sich jedoch auf Reisen mit Schießstätte, Ballwurf und Kraftmesser. Um die besten Destinationen zu finden, beriet er sich mit seinem Freund Carl Hagenbeck, aus der berühmten Dynastie. So führte ihn seine Reise nach Teneriffa und Montevideo und dann weiter nach Buenos Aires. Doch das war nicht das Richtige für ihn, und so kehrte er in seine Heimat zurück.

Am 23.11.1884 verehelichte er sich mit der Schwester seiner Stiefmutter, Emilie Wilfert (1865-1927).

Carl Schaaf und Ehefrau Emilie
Carl Schaaf und Ehefrau Emilie

Tochter Rosa kam 1886 zur Welt, 1888 Sohn Karl und Tochter Maria wurde 1891 geboren. Den Wohnsitz wechselte die Familie oft, von Perchtoldsdorf nach Kaasgraben in Döbling und zuletzt in die Silbergasse 11 in Grinzing, die noch heute in Familienbesitz ist. Aus diesem Grund befindet sich die Familiengruft der Familie Schaaf auf dem Grinzinger Friedhof.

v.l.n.r.: Schwiegermutter Johanna Dorothea Emilie, Sohn Karl, Tochter Maria, Carl Schaaf, Tochter Rosa und Ehefrau Emilie
v.l.n.r.: Schwiegermutter Johanna Dorothea Emilie, Sohn Karl, Tochter Maria, Carl Schaaf, Tochter Rosa und Ehefrau Emilie

1886 erbaute er gemeinsam mit Carl Pretscher und Hermann Präuscher eine Rutschbahn neben dem damaligen Circus Busch Gebäude, dort wo heute die Ausstellungstrasse in den Praterstern mündet.

v.l.n.r.: Carl Pretscher, Carl Schaaf und Hermann Präuscher, Ehrung im Rathaus
v.l.n.r.: Carl Pretscher, Carl Schaaf und Hermann Präuscher, Ehrung im Rathaus

Im selben Jahr ging sein Traum in Erfüllung und er wurde Eigentümer von Prater 34 (heute 93), gekauft von Dominik Stögermayer. Das bereits vorhandene Ringelspiel „Goldener Ritter“ das bei den Leuten nicht gut ankam, verkaufte er 1888 um 200 Gulden nach Smyrna in die Türkei (heute Izmir in der Türkei).

Auf diesem Platz wandte sich Carl nun der Schaustellung von Menschen zu und baute auch das Wohnhaus der Familie neben den Betrieben. Am 11.9.1893 konnte die Familie einziehen.

1888 traten die Fußkünstler Marie Hausmann und Steinkogler auf
1889 waren es Daphne und Iphigenie, es gab ein Stoppelschießen
1891 ein Lungenprüfer
1892 der Drehstuhl „Drahdiwaberl“
1894 ein Kokoswerfen
1897 ein mechanisches Hippodrom

Bereits ab 1891 gab es das Rudersportkarussell, das 1896 Schaukelpferde dazu bekam sowie 1899 die erste Notenblattorgel von der Firma Waldkirch. Ab 1902 wurde ein elektrischer Karussellantrieb verwendet. 1904 wurde das im Sezessionsstil gehaltene Gebäude mit Nixen und Neptun errichtet. Die Besucher konnten rudern oder in einer der vier Gondeln Platz nehmen.

Ab dem Jahr 1906 war das Rudersportkarussell auch im Winter geöffnet, denn Carl Schaaf hatte den Winterbetrieb im Wurstelprater durchgesetzt. 1913 entstand die neue unterirdische Karussellkonstruktion nach Entwürfen von Sohn Karl Schaaf, ausgeführt von der Simmeringer Waggonfabrik. 75 Personen konnte das bekannte Karussell nun mittels zwei weiteren Gondeln sowie 18 Springpferden befördern.

Rudersportkarussell, Prater 34 (heute 93)
Rudersportkarussell, Prater 34 (heute 93)

Auch auf anderen Praterparzellen hatte Carl Schaaf seine Unternehmungen. Auf Prater 31 (heute 102 und 103), gekauft von Barbara Valenta, erbaute er mit Hans Pichler, dem Schwiegersohn von Nikolai Kobelkoff, das erste elektrische Autodrom „Elektrodrom“ sowie einen Flohzirkus und „Herunter mit dem Zylinder“.

Elektrodrm, Prater 31 (heute 102 und 103)
Elektrodrom, Prater 31 (heute 102 und 103)

Auf Prater 28 (heute 99), gekauft von Johann Wimmer, wurde 1911 das Aeroplankarussell sowie ein weiteres Wohnhaus erbaut, Sohn Karl war dafür zuständig. Es wurde von der bekannten deutschen Firma F. Bothmann in Gotha hergestellt, und war mit 19 m Höhe gleich einem Zinshaus im damaligen Wien.

Dieses Karussell war damals einmalig. Hermann Leopoldi, mit dem Carl Schaaf bekannt war, schrieb 1932 für dieses Ringelspiel den Erfolgsschlager „Schön ist so ein Ringelspiel“.

Aeroplankarussell, Prater 28 (heute 99), eröffnet 1911
Aeroplankarussell, Prater 28 (heute 99), eröffnet 1911

Im Jahr 1912  starb Tochter Rosa im Kindbett und ließ Sohn Friedrich als Halbwaise zurück. Fritz, wie er genannt wurde, wuchs bei den Großeltern auf. Im Jahr 1920 kam auch Enkeltochter Rosa ins Haus, die ihrem Vater bei der Scheidung der Eltern zugesprochen wurde.

1927 verstarb Carls Ehefrau Emilie, sie wurde nur 62 Jahre alt. Als Carl am 8.8.1935 starb, war ein Stück Prater alter Prägung dahingegangen. Seine Umsicht und seine  Risikofreudigkeit waren im Prater bekannt und geschätzt. Nur zehn Jahre sollten sich die Karussells noch drehen, bis Bomben alles dem Erdboden gleichmachten.

Auszüge aus Alexander Schaafs „Der Prater unser Leben“

 

Lebenslang verbunden mit Familie Pretscher

Carl Pretscher kam 1871 aus Bayern nach Wien. Er stammte aus einer Optikerfamilie in Nürnberg und ließ sich im Prater nieder. Die erste Schnellphotographie auf Blechplatten fand Einzug im Wiener Prater. 1884 übernahm Carl Pretscher das Schnellphotographenatelier auf Ausstellungsstraße 137 (heute Ausstellungsstraße) von Karoline Rosenauer und erweiterte es um eine Schaubühne.

1886 wurde durch Carl Pretscher, Carl Schaaf und Hermann Präuscher eine Rutschbahn in Betrieb genommen.1895 folgte eine Dioramabahn, die eine Fahrt von Genua nach Nizza vorführte. 1896 folgte ein im Atelier von Kautzky und Rottonara gemaltes Fahrdiorama von Abbazia nach Konstantinopel. Nebenbei war der Schnellphotographensalon noch immer in Betrieb. Carl Pretschers Söhne Ludwig (1872-1928) und Carl jun. (1873-1920) übernahmen 1897 die Geschäfte. 1899 wurde auf Ausstellungsstraße 137 (heute Ausstellungsstraße) die zweite elektrische Grottenbahn „Zum Lindwurm“ eröffnet. Eugen (1900-1948), Ludwigs Sohn kümmerte sich vor allem um das Photoatelier, Karl (1902-1993), Carls Sohn betrieb die Grottenbahn. Gewohnt wurde hinter dem Betrieb. Carl Pretscher sen. starb im Jahr 1900 mit nur 55 Jahren.

1928 starb Ludwig Pretscher, der auch der Obmann der Praterhüttenbesitzer war. Um ihren Obmann zu ehren, hielten die Praterunternehmer ihre Betriebe am Begräbnistag bis 17:00 Uhr geschlossen.

Im selben Jahr heiratete Sohn Eugen, genannt Jennerl, die 22-Jährige Helene „Lene“ Balthes (1906-2003) und führte sie in die Pratergesellschaft ein. Das junge Paar bekam selber keine Kinder und Lene, die Kinder liebte, scharte die Kinder der Praterunternehmer um sich. Die Kinder liebten sie. Lene arbeitete im Familienbetrieb, vor allem betreute sie das Photoatelier. Im Jahr 1944 wurde die Ehe geschieden. Jennerl verheiratete sich bald darauf wieder und ebenso Lene. Sie konnte den Namen Pretscher behalten, da sie die Ehe mit Karl Pretscher, dem Cousin ihres Exehemannes, einging.

Im Jahr 1945 brannte fast der ganze Prater ab. Auch die Grottenbahn „Zum Lindwurm“ mit ihren wunderschönen Grotten wurde ein Opfer der Bomben.

Grottenbahn „Zum Lindwurm", Ausstellungsstraße 137 (heute Ausstellungsstraße), 1910
Grottenbahn „Zum Lindwurm“, Ausstellungsstraße 137 (heute Ausstellungsstraße), 1910

Nach dem Krieg wurden die Parzellen an der Ausstellungsstraße nicht mehr für Schaustellungen vergeben, und so verlor Familie Pretscher ihre Existenz. Lene Pretscher mietete dann in den 50er Jahren Steffi Holzdorfers Praterparzelle 25 auf dem Calafatiplatz. Sie und ihr Ehemann Karl errichteten dort eine Lindwurmgrottenbahn in kleinerer Ausführung, am neunten April 1954 war sie dann endlich in Betrieb. Wie früher gingen auch in der neuen Grottenbahn der Pretschers viele Kinder ein und aus.

Grottenbahn „Zum Lindwurm", Prater 25
Grottenbahn „Zum Lindwurm“, Prater 25

Die Tochter und Enkelkinder von Helene und Karl  Schaaf  waren die „Kinder“, die Lene und Karl Pretscher auch nach Ihrer Pensionierung im Jahr 1974 die Treue hielten. Karl Pretscher starb 1993. Eine Freundschaft zwischen den Familien Pretscher und Schaaf, die um 1886 entstanden war, dauerte bis zum 29.3.2003 an, dem Tag an dem Lene Pretscher im 97. Lebensjahr verstarb.